Brexit: Was passiert mit meinen Wartezeiten aus England

Sozialrechtliche Folgen des Brexit für Deutsche Arbeiter oder Selbstständige

 

<h1>Brexit: Was passiert mit meinen Zeiten aus England</h1> <h3>Sozialrechtliche Folgen des Brexit für Deutsche Arbeiter oder Selbstständige</h3>

 

Das britische Parlament konnte sich nicht auf die Vereinbarungen der britischen Regierung und der Europäischen Union für den Austritt aus der EU einigen. Deswegen ist das Austrittsabkommen nicht wirksam und auch in der EU nicht verbindlich. Es wird nach Lage der Dinge zu dem sogenannten harten Brexit (Austritt der Britten) zum 29.03.2019 kommen. Am 30.03.2017 hat das britische Königreich den Austritt aus der EU formell erklärt. Die Übergangsfrist von 2 Jahren läuft am 29.03.2019 ( Art. 50 EUV-Vertrag) aus.

 

Fallen die Wartezeiten zur Rente und Krankenversicherung weg, wenn ich über den 29.03.2019 in Großbritannien oder Gibraltar arbeite? Diese Frage müssen sich Deutsche, die zum Beispiel in England arbeiten stellen. Warum? Die Zeiten einer versicherungspflichtigen Beschäftigung werden bis zum 29.03.2019 als Wartezeiten für einen deutschen Rentenanspruch (aber nur als Wartezeiten) anerkannt. Gleiches gilt auch für die Zeiten, die ein Versicherter in der gesetzlichen Krankenversicherung in England (NHS) verbracht hat. Diese Zeiten gelten für die Frage der Anrechnung als Vorversicherungszeiten für die Krankenversicherung der Rentner oder für die Aufnahme in die freiwillige gesetzliche Versicherung oder der Auffangpflichtversicherung nach § 5 Absatz 1 Nr. 13 SGB V. Im Austrittsabkommen war vorsehen, dass das EU-Recht bis Ende 2020 weiter Anwendung findet, für die Bewertung rentenrechtlicher oder krankenversicherungsrechtlicher Tatbestände.

 

Fallen die Wartezeiten zur Rente und Krankenversicherung weg: Brexitgesetz der Deutschen

Da die Gefahr eines harten Brexit besteht, hat die Bundesregierung einen Gesetzesentwurf eines „Gesetzes zu Übergangsregelungen in den Bereichen Arbeit, Bildung, Gesundheit, Soziales und Staatsangehörigkeit nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union“ (BrexitSozSichÜG) in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht ! Ein echtes Wortungetüm. Aber mit erheblicher Brisanz. Vor allem wegen den Fristen zur Aufnahme in die gesetzliche KV und Übergangsfristen zur Geltung der Versicherungszeiten.

 

Die Verordnungen zur Koordinierung der sozialen Sicherheit, der:

  • VO 883/2004,
  • VO 987/2009,
  • VO 859/2003,
  • und VO 1408/71.

 

werden mit Ablauf des 29. März 2019 um 24.00 keine rechtliche Wirkung mehr zwischen der EU und Großbritannien entfalten. Die vorgenannten Verordnungen sind die Rechtsgrundlage für die Koordinierung von britischen Leistungen bei Krankheit, Pflegebedürftigkeit, bei Mutterschaft, bei Alter, Invalidität oder Hinterbliebenenleistungen, bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, bei Arbeitslosigkeit, Sterbegeld und vieles mehr einerseits mit dem Leistungen der anderen EU-Mitgliedsstaaten, sowie den Vertragsstaaten des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum und der Schweiz andererseits.

 

Sozialrechtsabkommen vom 20. April 1960?

Gibt es bis zum 29.03.2019 keine anderen Vereinbarungen mit Großbritannien tritt das Sozialrechtsabkommen der BRD und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland über vom 20.04.1960 in Kraft.

Fallen die Wartezeiten zur Rente und Krankenversicherung weg? Sozialrechtsabkommen 1960 extrem lückenhaft

Das alte Sozialrechtsabkommen 1960 deckt aber bei weitem nicht die Bandbreite der Vereinbarungen der oben genannten Verordnungen ab, welche am 29.03.2019 außer Kraft treten könnten, wenn nichts anderes geschieht.

In dem Sozialrechtsabkommen aus 1960 ist das Recht der Arbeitslosenversicherung nicht erfasst. Es ist in den anderen Bereichen des Krankenversicherungsrechts und der Rentenversicherung extrem lückenhaft, wenn sogar überhaupt keine Regelungen hierzu vorhanden sind. Es fehlen in diesem Abkommen zum Beispiel die Feststellungen, ob Zeiten der Arbeit in England als Wartezeitjahre in Deutschland für die Rente anerkannt werden. Gleiches gilt auch für die Krankenversicherung.

 

Fallen die Wartezeiten zur Rente und Krankenversicherung weg: Was regelt das Brexitgesetz?

Das BrexitSozSichÜG regelt in seinem Artikel 1 für den Erwerb, die Aufrechterhaltung, die Dauer oder das Wiederaufleben von Ansprüchen der Kranken-,Pflege,-Unfall,- Renten- oder Arbeitslosenversicherung von Personen, die bereits vor dem Austritt der GBR aus der EU relevante Zeiten in Großbritannien zurückgelegt haben, dass diese Zeiten auch nach dem Wegfall der oben genannten Verordnungen berücksichtigt werden, als ob Großbritannien weiterhin Mitgliedstaat der EU wäre.

 

Versicherte, die vor Austritt in der DRV oder Krankenversicherung oder sozialen Pflegeversicherung versichert waren, sollen nicht aufgrund des Austritts ihren Versicherungsstatus verlieren oder einer möglichen Doppelversicherung unterliegen.

 

Nach § 6 und § 11 des BrexitSozSichÜG können der gesetzlichen Krankenversicherung in Form der freiwilligen Versicherung Personen beitreten, die entweder am 29.03.2019 ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in GBR haben (mit Sachleistungsanspruch in GBR) oder Personen mit gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, die aber am 29.März 2019 in GBR oder in Nordirland im System der Sozialen Sicherheit abgesichert waren und am 29.03.2019 Anspruch auf Sachleistungsaushilfe in Deutschland hatten.

 

Dabei gilt nach § 6 Absatz 2, dass der Beitritt zur gesetzlichen KV innerhalb von 3 Monaten nach Ausscheiden des Vereinigten Königreiches /Nordirland aus der EU oder bei späteren Austritt aus der gesetzlichen Versicherung schriftlich der Krankenkasse anzuzeigen ist.

Die Mitgliedschaft der Versicherungsberechtigten mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in GBR beginnt am 30.03.2019 oder am Tag nach dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht. Ein Beitritt nach § 8 oder nach dem 29.März 2024 ist ausgeschlossen.

§ 8 BrexitSozSichÜG ist eine Sonderregelung zur Beendigung der Mitgliedschaft, wenn der Versicherte nach § 6 Absatz 1, der seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in GBR hatte. In den Fällen in denen dieser Versicherte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in GBR oder Nordirland beendet, endet seine Mitgliedschaft automatisch nach § 6 Absatz 1 BrexitSozSichÜG

Zeiten, die im Zeitraum vom 30.März 2019 bis zum 29.März 2024 nach den Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs und Nordirland zurückgelegt worden, werden soweit erforderlich für die Zeiten der der Versicherungspflicht oder dem Recht auf freiwillige Versicherung in der GKV angerechnet. So steht es in § 11 des Gesetzesentwurfs.

Es ist nach dem BrexitSozSichÜG vorgesehen, dass eventuelle Rentenansprüche mit Versicherungszeiten aus England oder bei Wohnsitz in Großbritannien so festgestellt werden können, als würde das europäische Sozialrecht auf Großbritannien weiterhin Anwendung finden.

 

Stichtagsregelung beachten!

Das BrexitSozSichÜG gilt nur für Personen, die am 29.März 2019, also vor dem Brexit eine Beschäftigung / Wohnsitz nach den Regelungen der VO 1408/71 oder 883/2004 in England aufgenommen haben. Wer erstmals nach dem Brexit, also nach dem 29.03.2019 eine Tätigkeit in Großbritannien aufnimmt, ist von den Schutzregelungen des vorgenannten Gesetzes nicht umfasst!

 

Fazit!

Wenn es zu einem harten Brexit kommen sollte, regelt das Brexit­SozSichÜG wie es mit den versicherungs­rechtlichen Zeiten die in GBR bis zum 29.03.2019 zurückgelegt worden sind, weitergeht. Spätestens am 29.März 2024 ist dann generell Schluss mit der Anrechnung oder dem Beginn einer Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Kranken­versicherung. Es ist aber zu vermuten, dass im Falle des harten Brexit Deutschland und Großbritannien ein neues Sozial­versicherungs­abkommen abschließen werden, damit es nicht zu ungeregelten Tatbeständen in der Rente oder in der gesetzlichen Kranken­versicherung kommt. Da wir aber heute (20.01.2019) noch nicht wissen, ob es eine weitere Fristverlängerung zum Austritt geben kann, wird die Entwicklung abzuwarten sein. Deshalb haben wir nur in Vorausschau das komplexe Szenario nach den deutschen Brexitgesetz betrachtet.

 


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