Ein Bericht von rentenbescheid24.de
Mit einer Schwerbehinderung aus der PKV in die GKV wechseln, ist grundsätzlich unter bestimmten Bedingungen möglich. Dabei zählt unter anderem das Lebensalter eine Rolle und auch die Tatsache, ob in der Person des Wechselkandidaten oder bei bestimmten Familienangehörigen, gesetzlich geforderte Voraussetzungen vorliegen.
Die Rentenberater vom Team rentenbescheid24.de betreuen einen Kunden wegen einer Erwerbsminderungsrente. Diese haben wir auf Grund von schweren psychischen Erkrankungen für unseren Kunden beantragt. Eine Entscheidung hierzu steht noch aus.
Im Rahmen unserer Beauftragung ist uns folgendes aufgefallen: Unser Kunde ist 1981 geboren. Er war noch nicht auf Lebenszeit ernannter Beamter und wurde wegen Krankheit aus der Probezeit entlassen. Er ist in einer privaten Krankenversicherung kranken-und pflegeversichert. Er zahlt rund 500€ monatlich an Prämien. Da er nach seiner Entlassung aus dem Beamtenverhältnis kein Anspruch auf ALG-1 hatte, fiel er sofort in das Hartz-IV. Das Jobcenter, welches für ihn zuständig ist, zahlt auf Antrag einen Zuschuss zu den monatlichen PKV-Prämien. Da er wegen verschiedener Krankenbehandlungen seinen Eigenanteil an den Krankenkosten erbringen konnte (Hartz-4 ist sehr gering) ist er deswegen massiv verschuldet. Seine Erkrankungen ist so schwer, dass er Ende Mai 2020 auf eigenen Antrag hin einen Grad der Behinderung von 50 (GdB 50) zuerkannt bekam. Unser Mandant ist nicht verheiratet.
Er hat eine Mutter, die selbst Rentnerin ist und gesetzlich krankenversichert in der KVdR ist. Dies ist im groben der Sachverhalt, den wir für Sie zusammengetragen haben und der für die Frage des Wechsels aus der PKV in die GKV wichtig ist. Bevor wir Ihnen die Lösung anbieten! Eine Mail und ein Telefonat mit unserem Mandanten haben diesem klargemacht, dass er aktuell (2020) die Chance hat, aus der privaten KV zu entfliehen. Er muss aber unbedingt Fristen einhalten.
Zuvor sei noch klargestellt. Der Bezug von ALG-2 Leistungen löst ansich eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung aus, § 5 Absatz 2a SGB V. Ausnahme: Wenn ein Bürger in der BRD Leistungen nach dem ALG-2 in Anspruch nimmt und unmittelbar vor der Inanspruchnahme privat krankenversichert ist, bleibt er auch weiterhin in der privaten Krankenversicherung versichert. Er ist dann nicht gesetzlich versicherungspflichtig. Dies gilt auch für die Fälle in denen der Betroffene weder eine gesetzliche Krankenversicherung noch eine private KV nachweisen kann. Sie können sich auch nicht nach § 10 SGB V familienversichern. Wenn der Betroffene aber am 31.12.2015 die Voraussetzungen für eine Familienversicherung nach § 10 SGB V erfüllt hat, dann ist er ab dem 01.01.2016 gesetzlich krankenversichert, wenn er Hartz-IV bezieht.
Für unseren Mandanten gilt: Er ist mit Bewilligung ALG-2 Leistungen nicht gesetzlich krankenversichert, weil er vor der Bewilligung des ALG-2 privat krankenversichert war und aktuell auch noch ist.
Der Wechsel von schwerbehinderten Menschen aus der privaten Krankenversicherung ist bis zum 55.Lebensjahr ohne Probleme immer dann möglich, wenn ihr monatliches Einkommen unter die für sie geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze fällt.
Ein weiterer Weg, um aus der privaten KV herauszukommen, zeigen uns die Vorschriften der freiwillig gesetzlichen Versicherung auf. Denn schwerbehinderte Menschen können in speziellen Fällen, aus der privaten KV in die freiwillig gesetzliche Krankenversicherung wechseln.
Normalerweise können Personen, die als Mitglieder aus der Versicherungspflicht ausgeschieden sind und in den letzten 5 Jahren vor dem Ausscheiden mindestens 24 Kalendermonate oder unmittelbar vor dem Ausscheiden ununterbrochen 12 Monate versicherten waren, freiwillig gesetzlich versichert werden. Dies trifft vor allem für diejenigen Personen zu, die wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze in der GKV nicht mehr pflichtversichert sind.
Unter folgenden Voraussetzungen besteht für Schwerbehinderte Menschen ein Betrittsrecht in die freiwillige gesetzliche KV:
Daher muss die Person, die von der PKV in die GKV wechseln will, weil sie schwerbehindert ist, genau wissen, bis zu welcher Altersgrenze bei den Krankenkassen ein Betritt überhaupt möglich ist. Bei den meisten gesetzlichen Krankenkassen ist mit Vollendung des 45. Lebensjahres Schluss. es gibt auch gesetzliche Krankenkassen, da gelten spätere Altersgrenzen als das 45. Lebensjahr.
Ein großer Vorteil der gesetzlichen Aufnahmeregelung des § 9 Absatz 1 Ziffer 4 Sozialgesetzbuch Nummer 5 ist, dass die Vorversicherungszeiten von mindestens 3 Jahren als Mitgliedschaft in der gKV durch den Ehepartner oder einem Elternteil, wie die eigene gilt. Dies ist für die meisten Betroffenen ein großer Vorteil, wenn sie selbst die geforderten 36 Kalendermonate in eigener Person nicht erfüllen können.
Von allein geht es nicht! Der Wechselkandidat muss innerhalb von 3 Monaten nach Eintreten der Beitrittsvoraussetzungen den Beitritt bei einer Krankenkasse anzeigen. So verlangt es § 9 Absatz 2 SGB V. Wer diese Frist nicht einhält, kann nicht aus der PKV in die GKV über diesen Weg wechseln.
Unser Mandant hat Ende Mai 2020 die Schwerbehinderung von GdB 50 zuerkannt bekommen. Er ist 1981 geboren. Er hat somit das 45.Lebensjahr noch nicht vollendet. Er selbst kann die geforderten 36 Kalendermonate ( 3 Jahre) Mitgliedschaft innerhalb der Rahmenfrist von 5 Jahren vor dem Beitritt nicht nachweisen. Aber seine Mutter hat die 3 Jahre erforderliche Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung! Sie bezieht schon seit Jahren eine Altersrente und ist über die Krankenversicherung der Rentner (KVdR) versicherungspflichtiges Mitglied in ihrer Krankenversicherung. Die Zeiten der Mitgliedschaft der Mutter unseres Mandanten zählen somit nach § 9 Absatz 1 Ziffer 4 SGB V als anrechenbare Vorversicherungszeiten zu Gunsten unseres Mandanten dazu. Was muss er nur noch tun?
Frau Rechtsanwältin Kirschner gab den Rat: Stellen Sie unbedingt bei einer gesetzlichen Krankenkasse Ihrer Wahl oder bei der Krankenkasse Ihrer Mutter eine Antrag auf Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung. Diesen Rat befolgte unser Kunde umgehend. Der Antrag ist gestellt, die Krankenkasse wird- so sagen es die ersten Signale- positiv über den Antrag entscheiden.
Unser Kunde wird Mitglied in der gesetzlichen KV, als freiwilliger Beitragszahler. Da er noch ALG-2 Leistungen erhält, wird das Jobcenter die Kosten für die freiwillige KV zu übernehmen haben. Dies bedeutet für unseren Mandanten eine erhebliche finanzielle Entlastung auch für die Zukunft. Und er muss keine Angst mehr haben, dass er für ärztliche Behandlungsleistungen Zuzahlungen leisten muss, die er nicht bezahlen kann.
Gern übersehen! Wenn die gesetzlichen Krankenversicherung die Mitgliedsbestätigung ausstellt, dann umgehend die private Krankenversicherung kündigen. Schriftlich versteht sich. Bitte die gesetzliche Krankenversicherung zu einer schnellen Entscheidung auffordern. Eine Rückwirkung der Kündigung von 3 Monaten nach § 205 Absatz 2 Versicherungsvertragsgesetz gilt nur bei Eintritt einer gesetzlichen krankenversicherungspflicht oder Mitgliedschaft. Damit unnötige Doppelzahlungen von Beiträgen in der freiwilligen KV und in der PKV vermieden werden.
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